1933 - 1960
Bau einer Sommerturnhalle
Wenn im Jahre 1949, also bereits zwei Jahre nach der Wiedergründung, unter dem damaligen Vorsitzenden Wilhelm Müller, der Verein seine Turneralm durch Anbau einer Sommerturnhalle erweitern, den Wirtsgarten vergrößern und eine Kegelbahn einbauen konnte, ist dies wiederum ein Beweis des kameradschaftlich-turnerischen Geistes innerhalb des Vereins. Kein Wunder, wenn man die damaligen stillen Männer der Arbeit kennt. Einige davon zu erwähnen, ist Ehrensache: Karl Schädler, Willy Gunzenberger, Werner Rager, Hans Spindler, Max Bär, Ludwig Keller, Sepp Schuster, Achilles Venus, Paul Leitner u.a. allen im Nachhinein Dank und Anerkennung! Dem Chronisten sei noch erlaubt zu bemerken, daß Freunde und Gönner der Turnsache sich durch Spenden und sonstige Förderungen ebenfalls um den Verein verdient gemacht haben, wie beispielsweise Anton Kathrein, Max Kaiser, Architekt Heinrich Kellner oder die Auerbräu AG.
Unter der neuen Vorstandschaft Demmel/Schuster entstehen im Jahre 1950 auf der Turneralm Umkleidekabinen, ein Geräteschuppen und das Eingangstor wird neu erstellt. Auf sportlichem Gebiet sowie innerhalb des Vereinslebens wird der Anschluss an die besten Zeiten früherer Jahre wieder erreicht. Über Rosenheim hinaus haben die im festlichen Hofbräusaal alljährlich stattfindenden Turn-Werbeabende des MTV sportlich/turnerisch! gesellschaftliche Bedeutung.
Im Jahre 1951 wird eine Kegelabteilung gegründet. Zur Unterstützung der Vorstandschaft wird ein Ältestenrat ins Leben gerufen. Ferner wird der Sommerturn- und Spielplatz für Rosenheimer Kinder in den Ferien wieder zur Verfügung gestellt. Obwohl in den Wintermonaten ungünstige Trainingsmöglichkeiten bestanden, spielten die Faustballer weiterhin in der obersten Spielklasse. Die Männer werden zum 32. Mal (!) Faustball-Bezirksmeister und die Faustball-Damen erringen ihren zweiten Bezirksligatitel. Auch gesellschaftlich steht der MTV nicht abseits. Mit einer starken Abordnung beteiligt er sich am Rosenheimer Faschingszug, dabei wurde die Turnhallenverteilung der Stadt Rosenheim aufs Korn genommen.
Der Bauausschuss berichtete zu dieser Zeit: Umbau der Kegelbahn und Planung einer Pächterwohnung im Vereinsheim. Auf sportlichem Gebiet bestätigte Sepp Oberhuber seine bekannt guten Leistungen in den leichtathletischen Disziplinen mit der Erringung des Stadtmeistertitels 1952 und die Schwimmer Buchecker, Greilinger, Rothmayer, sind bei den Simssee-Meisterschaften im Brust-, Kraul- und 100C-m-Schwimmen mit guten Leistungen vertreten.
Sepp Wolf, der "traurige Artist"
Unser "trauriger Artist", wie sich Sepp Wolf selbst nannte, wird bei der Olympia-Ausscheidung der bayerischen Turner Dritter hinter Stangl und Pfann. Er verliert jedoch im entscheidenden Jahr seiner Turnerlaufbahn wegen eines gebrochenen Daumens die weitere Teilnahmemöglichkeit. Über Wolfs Turnerlaufbahn veröffentlichte seinerzeit das OVB (Jahrgang 1953 Nr. 185) unter dem Titel "Unser Sportporträt" einen ausführlichen Bericht, der wert ist, an dieser Stelle zitiert zu werden:
"Als Rundfunksprecher Harry Valerien beim Turnländerkampf Bayern - Jugoslawien die Wertungsnoten des Rosenheimer Sepp Wolf bekannt gab, da war dies nach 25 Jahren dessen größter Erfolg. Mit einer Gesamtnote von 57 Punkten war er in Hof Bayerns bester Turner, noch vor Olympiateilnehmer Pfann. Dr. J. Göhler, der" Turn-Papst" in Deutschland, stufte daraufhin vor wenigen Tagen Wolf in der deutschen Rangliste an 13. Stelle und an 2. in Bayern ein. Wer ist Sepp Wolf? Diese Frage ist trotz seiner Erfolge gar nicht so unberechtigt; denn der Rosenheimer ist nur schwer für publizistische Interessen zu gewinnen, da er sich selbst nur als Glied seiner Riege sieht. Wir holen also seine Vorstellung nach: Der drahtige, eher schmal zu nennende 31-jährige, verheiratete Bahnbeamte turnt seit seinem 8. Lebensjahr. Er erinnert sich dankbar seiner ersten Ausbilder, die sämtliche bereits der kühle Rasen deckt: Willy Renner, Richard Berndl und Franz Kögl, denen er die turnerischen Anfangsgründe verdankt. Mit Wärme nennt er zuletzt den Landesturnwart und Trainer von 1860 München, Heinrich Eichinger, der ihn am meisten lehrte. 1951 sah sich nämlich Wolf gezwungen, wenn er später weiterkommen wollte, dem TSV 1860 München beizutreten, wo er durch Mannschaftskämpfe ständig seine Form steigern konnte und beste Lehrkräfte seine Anleitung übernahmen.
Für Wolf war der Beitritt zu 1860 München tatsächlich ein turnerischer Gewinn. Er stand in der Riege des TSV 1860, die den deutschen Meistertitel 1952/53 im Turnvereinsmehrkampf erang, er war fünfmal international eingesetzt und in 17 Mannschaftskämpfe, einer verhältnismäßig hohen Zahl. Er hat 1953 in zehn Kämpfen fünf Siege errungen und einen zweiten Platz belegt. Wolf maß sich mehrmals mit Schweizern, der ägyptischen Auswahlmannschaft, mit Schleswig-Holsteins Turnern, war 1951 bayerischer Vizemeister, wurde 1952 bei der Olympiaausscheidung in Bayern hinter Stangl und Pfann Dritter, verlor aber die weitere Teilnahmemöglichkeit durch einen gebrochenen Daumen. Beim Deutschen Turnfest in Hamburg reihte er sich im Olympischen Zwölfkampf, der Krone der Turnkunst, unter 127 Teilnehmern aus Deutschland, Spanien, Schweiz und Österreich als 18. ein und ist heuer Münchner Stadtmeister geworden. Er gehört seit 3 Jahren der Bayernriege an und vorher schon längere Zeit der Kreisriege Oberbayern.
Seine Erfolge sind der hartverdiente Lohn einer zähen Obungsarbeit, die sich mit kriegsbedingten Unterbrechungen über 23 Jahre erstreckt. In Trainingsgemeinschaft mit seinem Vereinskameraden Sepp Fischer ist er regelmäßig dreimal wöchentlich in der Turnhalle anzutreffen. Vor dem Länderkampf gegen Jugoslawien trainierte er in 10 Tagen siebenmal. Nur so ist seine jahrelange, weit über den Durchschnitt herausragende Leistung möglich geworden. Sepp Wolf ist dazu ein Sportsmann vom Scheitel bis zur Sohle, bescheiden, zurückhaltend, eine Persönlichkeit, die nicht nur im Turnen die Haltung eines Gentleman zeigt. "
Sportlicher Höhepunkt im Jahre 1954 war der Internationale Turnwettkampf TV Zürich Regensdorf gegen eine Kombination MTV Rosenheim / TSV 1860 München, wobei der "ausgeliehene" Turner Sepp Wolf Bayerns bester Turner war.
Wer noch mehr über Rosenheims damalige Spitzenturner Sepp Wolf und Sepp Fischer wissen möchte, den darf der Chronist auf eine von dem früheren Rosenheimer Sportredakteur Hans Mosner verfasste Abhandlung "Meister des Sports von gestern" hinweisen, die in der Ausgabe vom 3./4. September 1983 im OVB veröffentlicht ist.
Sepp Wolf bei einem Salto-Abgang gestreckt am Reck
MTV'ler pflegen die Geselligkeit
Das seit jeher beim MTV üblich gewesene gesellige Beisammensein wurde bei jeder sich bietenden Gelegenheit weiterhin gepflegt. Insbesondere waren es die runden Geburtstage namhafter Mitglieder, die Anlass hierzu gaben. So wurde auch der 75. Geburtstag des im Jahre 1970 hochbetagt im 92. Lebensjahr verstorbenen Ehrenmitgliedes Josef Greilinger - des Greilinger Vaters, wie er liebevoll genannt wurde - entsprechend gewürdigt. Im OVB Nr. 73, Jahrgang 1953 ist hierüber zu lesen:
"Der alte, junge Greilinger Sepp feiert am 22. Juni seinen 75. Geburtstag, so ist es in den Vereinsmitteilungen des MTV Rosenheim über sein Ehrenmitglied zu lesen. Damit ist der Jubilar so richtig charakterisiert. Ober 50 Jahre ist der Greilinger Sepp schon in Rosenheim und fast in der gleichen Zeit,in der Turnund Sportbewegung tätig. Ober 40 Jahre war er bei der Bundesbahn als Oberlokomotivtührer beschäftigt. Heute freilich lebt er schon geraume Zeit in Pension. In seinem Privatleben aber ist von einem Ruhestand nichts zu merken. Er ist mehr beschäftigt denn je. Im Sommer wie auch im Winter ist er immer auf seinen Heimatbergen zu finden. Nicht selten zieht er mit seinen Enkelkindern hinauf auf den Brünnstein, den Traithen oder auf die Hochries. Aber nicht mit dem Lift oder mit der Bergbahn. Die sind für ihn ein rotes Tuch. Alle seine Touren auf die Berge oder zum Rodeln macht er zu Fuß. Es gibt fast keine Sportveranstaltung, die er nicht als interessierten und fachkundigen Zuschauer besucht. Gerne weilt er natürlich auf dem MTV-Platz am Oberwöhr, für dessen Bau er sehr viele Stunden seiner Freizeit in uneigennütziger Weise zur Verfügung gestellt hatte. Wenn sich die Möglichkeit bietet, schwingt er mit Begeisterung auch noch das Tanzbein und macht dabei manchen Jungen etwas vor. Am Montag nun kann er im Kreise seiner Familie, der Gattin, einer Tochter und den zwei Söhnen Luis und Sepp, wovon Ersterer vor Jahren zu den besten deutschen Skilangläufern zählte und Sepp zu den besten Rosenheimer Schwimmern gehörte, seinen Geburtstag feiern."
Sepp Greilinger 1970
Das Jubiläumsjahr 1955
Das alte Problem, die unzureichende Turnhallenverteilung in Rosenheim, beschäftigte besonders im Jahre 1955 die Vorstandschaft mit 1. Vorsitzenden Schinhärl an der Spitze, nachdem eine 3D-köpfige Gymnastikgruppe aufgelöst werden musste. Männer und Frauen waren gezwungen, gemeinsam die Übungsabende zu besuchen, in der damaligen Zeit noch ein gewisses Novum. Als das Sport Jahr 1955 mit einer starken MTV-Beteiligung am Turn- und Sportfest in Fürstenfeldbruck sowie einem Meisterklassenturnier der Faustballer mit TV Linz, Passau und München allmählich zu Ende ging, waren die Vorbereitungsarbeiten für das 70. Stiftungsfest bereits voll im Gange. Den Höhepunkt bildete der Festabend am 12. November 1955 im großen Hofbräusaal. Nach der Festansprache des Ersten Vorsitzenden Philipp Schinhärl folgte eine bunte Palette festlichen Turnens. Den Auftakt bildeten MTV-Turner und Turnerinnen mit einer Selbstdarstellung, gefolgt von Blumenkindern, die eine Laufschule vorführten. Nach dem Schülerturnen und einer exakt ausgeführten Keulenübung der Turnerinnen bildete das Barrenturnen der Männerriege einen gewissen Höhepunkt. Der Festabend endete mit dem Stufenbarrenturnen und einem gymnastischen Tanz der Turnerinnen sowie dem Boden- und Reckturnen der Männerriege. Die Geleitworte des zwischenzeitlich verstorbenen Vorsitzenden Schinhärl klingen den verbliebenen MTV'lern heute noch in den Ohren: " Unser Ziel ist es, Turnen, Spiel und Sport auf breiter Basis zu pflegen, um allen Interessenten die für den Beruf erforderliche Bewegung und Ausdauer mit auf den Weg zu geben. Fairness im turnerischen Wettkampf wie im beruflichen Leben, das ist unser Bestreben!"
Der MTV gab aus diesem Anlass eine anschauliche Festschrift heraus, in der aus der Feder des damaligen Vereinsvorsitzenden Schinhärl eine ausführliche Dokumentation unter dem Titel "Zur Ehre des Männerturnvereins Rosenheim" veröffentlicht ist. Diese Dokumentation war eine wertvolle Hilfe bei der Erarbeitung der gegenwärtigen Chronik.
Die Turner, Turnerinnen und Vertreter des Vereins waren damals: Sepp Wolf, Sepp Fischer, Ernst Weinmar, Franz Engelmeier, Erwin, Günther und Walther Koppe, Franz Miller, Peter Springl, Erwin Herr, Sepp Simon, Konrad Wimmer, Max Wallner, Heinrich Linnerer, Sepp Oberhuber, Karl Zitzelsberger, Otto Wimbauer, Karl Höger, Konrad Fischer, Philipp Neudecker, Alois Dettendorfer, Robert Simon, Otto Prestel, Walter Distier, Alois Heinrich, Dieter Ostermeier, Helmut Fürstenberger, Franz Becker, Max Ganter, Erich Kiermeier, Erna Wallner, Christa und Helga Weinmar, Fannerl Fedoroff, Käthe und Fanny Ziermeier, Rita und Hannerl Sturm, Helga und Sigrid Oberhuber, Amanda Herr, Sigrid SChinhärl, Gerda Wachinger, Heidi Kratisch, Helga Enzinger, Helga Rothmoser u.v.a.
Nach dem gelungenen Jubiläumsjahr war die Vorstandschaft in der Folgezeit keinesfalls untätig. Der langersehnte Wasseranschluss des Vereinsheims an die Wasserleitung der Gemeinde Aising wurde verwirklicht. Daraufhin wurde eine Brause eingebaut und die Aschenbahn instand gesetzt. Für alle notwendigen Maßnahmen auf der Turneralm aber auch auf dem Sportplatz war Wirtschaftskassier Max Bär immer wieder die treibende Kraft.
Neben einem internationalen Schauturnen Schweiz - Österreich - Bayern im Hofbräusaal und einem Anturnen mit über 100 Turnern und Turnerinnen fand auch wieder ein Tanzkurs mit Erfolg statt, wobei der Eintritt noch erschwingliche 50 Pfennige betrug. Die Faustballer bestätigten ihre Erfolge in der Vergangenheit mit vorderen Plätzen bei Turnieren in Augsburg, Bozen und beim "Josef Simon-Gedächtnisturnier". Ein Turnwerbeabend im Hofbräusaal fand bei den Rosenheimern großen Anklang, bei der Presse erhielt er das Prädikat: "Das ist Deutsches Turnen."
Wenn auch die Frauengymnastik wegen der Turnhallennot im Jahre 1957 ausfallen musste, so war doch die Mädchenturnabteilung unter ihrem Trainer Franz Englmeier in einem stetigen Aufwärtstrend begriffen.
Christa Weinmar am Stufenbarren mit Trainer Franz Englmeier
Willi Buchecker Turnfestsieger 1958
Der einzige Turnfestsieger, den der MTV seit seinem Bestehen in seinen Reihen hat, ist der heutige Ehrenvorsitzende des Vereins, Willi Buchecker. Er wurde Sieger im Fünfkampf der Schwimmer beim Deutschen Turnfest 1958 in München und schlug damit die Elite aus allen deutschen Gauen in dieser, auch bei den Turnern beliebten Disziplin. Willi Buchecker, dessen Lebensalter inzwischen auf 73 Lenze angewachsen ist, kann auch heute noch auf diese seine Leistung im Jahre 1958 stolz sein.
Das Jahr 1959 war für die Turner und Turnerinnen des MTV das erfolgreichste Jahr nach dem Zweiten Weltkrieg. Der MTV zählte zu dieser Zeit zu den leistungsfähigsten Vereinen innerhalb des Turngaues Wendelstein. Unter Erna Wallner wurde Beachtliches an der Turnerbasis geleistet; insbesondere das Kinderturnen erfreute sich großer Beliebtheit. Nicht zuletzt waren es die vom damaligen Vorstand Schinhärl immer wieder an die Turnerjugend gerichteten Appelle, der Sache des deutschen Turnens treu zu bleiben, die ihre Wirkung nicht verfehlten.
Turnstunde der weiblichen Jugend mit Übungsleiterin Elvira Valenta - Ankirchner
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